Die Produktion des NSX wurde im Sommer 2005 eingestellt. Soll man ihm deswegen nachweinen? Ja und Nein.
Ja: Er wurde unter der Mitarbeit von Ayrton Senna mitentwickelt. Die F1-Legende hatte den NSX persönlich auf der Nordschleife des Nürburgrings abgestimmt. Der NSX war das erste Auto mit Karosserie und Chassis aus Aluminium. Er hatte bei seiner Präsentation Ende 1990 die besten Bremsen an einem Straßensportwagen, besser als die eines Porsche 911. Er war ein echter Mittelmotorsportwagen, der auch ohne ESP (bis zuletzt) ein sehr gutmütiges Fahrverhalten bis in den hoch liegenden Grenzbereich bot. Und er ist selten. In 15 Jahren wurden weltweit nur ca. 15.000 Stück ausgeliefert, im Deutschland waren es gerade mal 338 Exemplare.
Nein: Der NSX war und ist nicht konsequent genug. Die Motorisierung war und ist, gemessen am Klassenanspruch, zu schwach. Schon bei einem ersten Vergleichstest von sport auto 1991 beschleunigte der NSX mit 6,2 sec auf 100 km/h langsamer als alle seine direkten Konkurrenten. Das war für den Newcomer, der sich seinen Ruf erst durch Leistung erarbeiten musste, einfach tödlich. Er glänzte zwar in den Fahrdynamikwertungen mit Bestleistungen, aber der Motor war immer der Schwachpunkt am NSX. Er zog dank V-TEC gleichmäßig durch und konnte sehr hoch drehen, aber den trockenen Bumms eines Corvette-V8 oder auch den festen Druck eines Porsche-Boxers aus mittleren Drehzahlen konnte der NSX nie bieten. Der Motor wirkte bei aller sportlichen Schreierei immer etwas schwächlich.
Mittlerweile gilt das NSX-Design als Prägnant, aber wirklich supersportlich sieht er nicht aus. Zu gefällig wirkt sein abgerundetes und harmonisiertes Design, um agressiv-sportlich zu wirken. Das Bedürfnis nach Harmonie setzt sich auch bei den anderen Merkmalen des NSX durch. Er fordert seinen Fahrer nicht. Sein Fahrverhalten ist brav, der Motor zieht gleichförmig, die Sitzposition ist etwas erhöht und ungewohnt aufrecht für einen Supersportler - wenn der NSX ein Allerweltscoupé gewesen wäre, wären das alles Pluspunkte gewesen. Für jemanden, der Ferrari herausfordern wollte, ein absoluter Fehler.
Warum aber kennt jedes Kind dann den NSX? Weil er der Star eines Playstation-Spiels ist. Das bekannteste Rennspiel der Welt, Gran Turismo, beschäftigte sich am Anfang fast nur mit japanischen Autos. Der NSX gehörte, neben dem Nissan Skyline, zu den schnellsten Autos, die man auf der Playstation bewegen konnte. Dazu kam das wirklich herausragende Engagement von Honda in den japanischen GT-Meisterschaften. Auf der realen Straße hingegen spielte der NSX leistungsmäßig nur eine Nebenrolle.
Der NSX ist gleichzeitig ein gutes Lehrstück dafür, woran es bei den Japanern allgemein fehlt. Sie interessieren sich nicht wirklich für andere Kulturen und deren Bedürfnisse. Alle in Japan konstruierten Autos sind 100%ig so, wie sie in Japan gewünscht werden. Für den Export und passt man die Modelle dann notdürftig an andere Märkte an. Der Export wird in Japan als notwendiges Übel der Umsatzsteigerung betrachtet - und nicht als Chance, den Weltmarkt zu erobern.
In Japan dürfen Autos per Gesetz nicht mehr als 280 PS leisten. Also konstruiert man Motoren, die genau 280 PS leisten. Dass Kunden aus anderen Länder sich viel stärkere Motoren wünschen und diese von europäischen und amerikanischen Herstellern auch bekommen - na und, was geht das uns in Japan an? Honda, der Hersteller, dessen Turbotriebwerke in der Formel 1 einst gefürchtet waren, weigerte sich beharrlich, seinen eigenen Vorzeigesportler NSX mit Turbo auszustatten. - Selbst schuld, dann verkauft man im Ausland eben nichts.
In Japan muss ein Auto dezent und harmonisch wirken - auch ein Supersportler. Dass sich Kunden aus anderen Ländern etwas Auffälligeres, Charakterstärkeres wünschen - na und, was geht das uns in Japan an? - Selbst schuld, dann verkauft man im Ausland eben nichts.
Die Honda-Studie HSC, die einen Ausblick auf den NSX-Nachfolger gibt, wird das alte Übel hoffentlich nicht weiterschleppen. Der auffällige neue Civic gibt Grund zur Hoffnung. Man kann nur wünschen, dass Honda wirklich einen starken V10 oder einen V8 in seinen neuen Vorzeigesportler einbaut, denn die ursprünglich vorgestellte Motorisierung, ein 3,4 Liter V6 mit "über 300 PS"... das bietet hierzulande schon ein Dreier-BMW (z.B. 335 Ci mit 306 PS).
Ende 2008 soll der neue NSX vorgestellt werden. Vielleicht gibt es ja wenigstens zwischendurch mal einen würdigen Nachfolger für den CRX ED9. Der ist nämlich, zusammen mit dem Renault R5 GT Turbo, das am schnellsten beschleunigende Serienfahrzeug bis 130 PS (1.6i-16). Bis heute. Bei Honda kann man also, wenn man nur will.
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